Dampfspeichertechnik

Bei der Dampfspeichertechnik wird die Fähigkeit von Wasser genutzt, unter Druck grosse Energiemengen zu speichern.

Die erste Dampfspeicherlokomotive wurde bereits 1882 gebaut. Schon damals erkannte man die grossen Vorteile der feuerlosen Lokomotiven. Weil sie keinen Heizer brauchen, war der Einmannbetrieb seit jeher ein wichtiger Beitrag zur guten Wirtschaftlichkeit. Aber auch die einfache, robuste Bauart sorgte bei den Betreibern für sehr viel Freude, da die Speicher-lokomotiven kaum Unterhaltskosten verursachten. Einzig die früher gebräuchlichen Gleitlager der Achsen und des Triebwerks erforderten gelegentliche Werkstattarbeiten. Mit heutigen Rollenlagern wären moderne Speicherlokomotiven praktisch unterhaltsfrei.

Bis 1986 wurden allein in Deutschland rund 3’500 Speicherlokomotiven gebaut, von denen einige bis heute im Einsatz sind. Mit der Ablösung der alten Dampflokomotiven geriet die genial einfache Speichertechnik leider in Vergessenheit. Doch dank moderner Technik bietet sie heute erneut eine wirtschaftliche, umweltfreundliche Alternative im Nah- und Werkverkehr und kann einen raschen, namhaften Beitrag zur Reduktion der CO2-Belastung leisten.

Bei den meisten Speicherlokomotiven handelt es sich um Niederdruck-Speicherlokomotiven, die für relativ bescheidene Speicherdrücke von 8 bis 20 bar ausgelegt sind. Weil sich der Speicherdruck bei der Dampfentnahme stetig reduziert, ist es notwendig, übergrosse Zylinder zu verwenden, damit die Zugkraft nicht gleichermassen abnimmt. Weil der Dampfmaschine vom Druckbehälter Nassdampf zugeführt wird, ist der spezifische Dampfverbrauch relativ hoch, was den Aktionsradius mindert. Niederdruck-Speicherlokomotiven wurden deshalb fast ausschliesslich für Rangierarbeiten in Industriebetrieben mit ohnehin vorhandener Dampfversorgung verwendet (Chemiewerke, Raffinerien, Papierfabriken, Brauereien usw.) Dort haben sie sich ausgezeichnet bewährt. Ihr Betrieb ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch extrem umweltfreundlich. Meistens wurden sie mit überschüssigem Dampf geladen. Bei Rangierarbeiten sind sie trotz des relativ hohen spezifischen Dampf-verbrauchs besonders effizient, da sie nur dann Dampf verbrauchen, wenn sie Zugkraft ausüben. Im Gegensatz dazu haben Diesellokomotiven im Rangierdienst grosse Leerlaufverluste (75 bis 95% der Einsatzzeit ist Leerlaufbetrieb), die deren Wirkungsgrad unter 2% drücken können.

Speicherlokomotiven sind abgasfrei, sie emittieren reinen Wasserdampf. Zudem sind sie bauartbedingt bereits explosions-geschützt, eignen sich daher besonders für Chemiefabriken und Raffinerien. Speicherlokomotiven benötigen zum Betrieb keine Verbrennungsluft und keinen Sauerstoff. Dies im Gegensatz zu Dieselmotoren. Speicherlokomotiven eignen sich daher ideal für Tunnelrettungszüge.

Speicherlokomotiven können auch als Flüsterlokomotiven bezeichnet werden, da sie im Stillstand geräuschlos und auch bei höchster Anstrengung angenehm leise sind. Das verbleibende, rhytmische Dampfgeräusch ist bedeutend angenehmer als jenes der lärmigen Diesellokomotiven.

1934 wurde  die erste Hochdruck-Speicherlokomotive nach dem Prinzip von Prof. Gilli gebaut und zwar gleich für 120 bar! Die Hochdrucktechnik hat wesentliche Vorteile da sie es ermöglicht, mit überhitztem Dampf zu fahren und normal grosse Zylinder verwendet werden können. Der niedrigere spezifische Dampfverbrauch und die dank des höheren Drucks grössere Speicher-fähigkeit ermöglichen eine Verdreifachung des Aktionsradius im Vergleich zur Niederdruck-Speicherlokomotive.

Die bisherigen Anwendungen der Dampfspeichertechnik begrenzten sich auf Speicherlokomotiven im Werksverkehr. Mit moderner Hochdruckspeichertechnik könnte der Anwendungsbereich jedoch massiv erweitert werden. Im Schieneverkehr sind nebst den erwähnten Tunnelrettungszügen auch Nahverkehrszüge realisierbar. Ein grosses Potential zur Reduktion der CO2-Belastung wäre mit dem Ersatz von Bau- und Strassenfahrzeugen im Werksverkehr und auf Flughäfen realisierbar.